Von großer Beweglichkeit zeugend, regsam, wendig.“ Die Wortbedeutung von „agil“ dürfte den meisten geläufig sein. Wenn es aber darum geht, genau zu definieren, was Agiles Arbeiten ausmacht und inwiefern es sich von anderen Arbeitsformen unterscheidet, sieht die Informationslage bei vielen bereits anders aus. Wir versuchen Ihnen einen kurzen Überblick zu geben, welche Möglichkeiten, aber auch welche Gefahren die Einführung des Agilen Arbeitens in einem Unternehmen mit sich bringt.

Was ist Agiles Arbeiten?

Der Ursprung Agilen Arbeitens liegt in der Softwareentwicklung. Dem kontinuierlichen Wandel der Branche versuchte man agil zu begegnen, indem man anders als in klassischen Organisationsstrukturen, die v.a. prozess- oder projektorientiert aufgebaut sind, auf Veränderungen proaktiv, flexibel und vorausschauend reagierte.

„Für ein Unternehmen bedeutet Agilität die Fähigkeit, in einer Wettbewerbsumgebung gewinnbringend zu operieren, die charakterisiert ist durch ständig, aber unvorhersehbar sich verändernde Kundenwünsche.“(Steven L. Goldman: 1996)

Somit kann man mit dieser Arbeitsform auf sich schnell ändernde Entwicklungsprozesse adäquat und vor allem auch besonders kundenorientiert reagieren.

Die Geburtsstunde des Agilen Arbeitens schlug in 2001, als eine Gruppe Softwareentwickler ihre Prinzipien und Leitsätze im sogenannten “Manifest des agilen Arbeitens” niederschrieben.

Aber wie genau soll das nun funktionieren?

Agile Arbeitsgruppen zeichnen sich v.a. durch ihre Netzwerkstrukturen aus, die die üblichen hierarchischen oder linearen Unternehmensmuster ablösen. Starre und unflexible Abläufe sollen durch einfachere und unbürokratischere Arbeitsmodelle ersetzt werden.
Des Weiteren werden die Mitarbeiter* unabhängig von ihrer Stellung in Entscheidungsprozesse eingebunden, sodass auf Basis von Teamentscheidungen und nicht durch Vorgaben und Reglementierungen von oben Lösungen gefunden werden.

Im Kern bedeutet dies, dass den Teams eine hohe Eigenverantwortlichkeit übertragen wird, die es ihnen ermöglicht, zielgerichtet und unmittelbar auf Veränderungen zu reagieren.
Außerdem können sie ihre Arbeitsprozesse und Herangehensweisen an den eigenen Stärken anpassen, was nicht nur prinzipiell zu einer Steigerung der Produktivität führt, sondern auch zu einer höheren Zufriedenheit innerhalb der Belegschaft.
Allerdings ist es keineswegs so, dass die Arbeitsgruppen ohne jede Führung agieren können. Die Rolle der Führungskräfte ist nämlich auch in einem agilen Unternehmen ganz entscheidend. Sie sind es, die Orientierung vorgeben, Strategien entwickeln und den Mitarbeitern unterstützend und beratend zur Seite stehen.

„Scrum“ als eine mögliche Form des Agilen Arbeitens

Für die Umsetzung der agilen Arbeitsweise stehen den Unternehmen unterschiedliche Vorgehensmodelle zur Verfügung, wobei „Scrum“ das bekannteste sein dürfte und daher exemplarisch kurz umrissen wird.

Hier wird die Laufzeit eines Projekts in sogenannte „Sprints“ eingeteilt, Etappen, die zeitlich begrenzt sind und an deren Ende das Team dem Kunden ein funktionsfähiges Zwischenprodukt vorlegen muss. Der nächste Sprint wird erst auf Basis eines Kundenfeedbacks initiiert, was dem Kunden die Möglichkeit bietet, das Entwicklungsgeschehen engmaschig mitzuverfolgen und darauf einzuwirken. Dadurch kann ein Produkt stetig verbessert werden, während sich die transparenten Prozesse innerhalb der Arbeitsgruppe zielgerichtet und effizient optimieren lassen.

Ein Sprint besteht aus folgenden Teilschritten:

  • Sprint Planing Meeting (Planung der nächsten Projektetappe)
  • Daily Scrum (Feedbackgespräch unter den einzelnen Teammitgliedern)
  • Sprint Review Meeting (Vorstellung des Zwischenprodukts)
  • Sprint Retrospective Meeting (Besprechung der Arbeitsweise des Teams)

Diese Zyklen werden so lange wiederholt, bis das Endprodukt steht.

Agiles Arbeiten und Personalmanagement

Für Personalabteilungen sind die Kenntnisse um den genauen Ablauf dieser Etappen von großer Wichtigkeit. Vor allem, da die Art der Zusammenarbeit und der zwischenmenschliche Umgang von diesen Methoden stark beeinflusst werden.
Im HR-Bereich arbeiten in der Regel viele Mitarbeiter mit Hintergründen aus der Psychologie, der Pädagogik oder der Soziologie. Sie Veränderungsprozesse mithilfe geeigneter Instrumente fachlich und kompetent begleiten können.

Aufgrund dieses Know-hows sollten sich Personaler bei strategischen Entscheidungen mehr einbringen.
Dies ist nur möglich, wenn sie das Geschäft und die Arbeitsweisen ihrer Mitarbeiter auch tatsächlich verstehen.

Betrachtet man an dieser Stelle noch einmal Scrum, so könnte die Personalabteilung v.a. den Mitarbeitern fachmännisch zur Seite stehen, denen in dieser Arbeitsform eine tragende Rolle zukommt. Diese wären:

  1. Der Product Owner (vertritt den Kunden gegenüber dem Team)
  2. Der Scrum Master (verantwortlich für den optimalen Ablauf der Zusammenarbeit)
  3. Das Entwicklungsteam

Nur wenn diese drei zentralen und komplexen Rollen miteinander harmonieren, kann sich der Erfolg einstellen.
Daher ist es unbedingt sinnvoll, dass sich auch Personaler mit den Funktionsweisen und Aufgabengebieten der einzelnen Rollen auseinandersetzen.

Die 3 Stolpersteine Agilen Arbeitens

Auch wenn Agiles Arbeiten prinzipiell nach einem sehr vielversprechenden Trend klingt, hapert es wie so oft an der Umsetzung. So sind es nach dem Wirtschaftswissenschaftler Professor Ayelt Komus drei Hürden, an denen die Unternehmen bei der Einführung Agilen Arbeitens oftmals scheitern.

  1. Die Interpretation der Rolle des Product Owners. Ihnen fallen z.B. die richtige Einteilung der Sprints sowie die angemessene Zurückhaltung schwer, wenn es um Details der Umsetzung geht.
  2. Statusängste beim mittleren Management.
  3. Inkompatibilität von Agilem Arbeiten und vorherrschenden Aufbau- und Ablauforganisationen. 

Besonders Punkt drei verdeutlicht, dass von den Unternehmen eine große Kraftanstrengung verlangt wird, sofern sie es mit Agilem Arbeiten ernst meinen. Alle unternehmerischen Vorgaben, Regeln und Prozesse müssten hinterfragt und bei Bedarf angepasst werden. Das bedeutet einen tiefen Einschnitt und Wandel in der gesamten Unternehmenskultur!

Leider beklagen Experten, dass es in vielen Firmen an Bereitschaft und Mitarbeitermotivation fehlt, sich in diesem Feld adäquat schulen zu lassen. Dies trägt auch entscheidend dazu bei, dass die Potenziale der agilen Arbeitsformen noch lange nicht ausgeschöpft sind.

Und dennoch arbeiten bereits über ein Viertel der Unternehmen in Nicht-IT-Bereichen nach agilen Prinzipien, obwohl sich nach anfänglicher Euphorie durchaus Ernüchterung eingestellt hat. Wandel und Änderungen verlangen Geduld und auch so manchen Rückschlag. Doch trotz aller Probleme geht der Trend ganz klar zu mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter, weshalb Agilität ohne Frage die Unternehmenslandschaft weiter verändern wird.

 

Carolyn Klein – Marketing Associate

 

*Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Personenbezeichnung in diesem Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.