15 – 25 Mrd. Euro jährlich! In dieser Höhe beziffert der deutsche Gewerkschaftsbund den durch Mobbing verursachten wirtschaftlichen Schaden!
Diese Zahlen sind schon finanziell betrachtet erschreckend. Doch wer bereits Mobbing direkt oder indirekt mitbekommen hat, wird wissen, wie verheerend dieses Phänomen auch und vor allem für individuelle Schicksale sein kann.
Was ist Mobbing?
Eine einheitliche Definition des Begriffes gibt es zwar nicht, aber die zahlreichen bestehenden Definitionsansätze stimmen in folgenden Aspekten überein:
- Unfair geführte Konflikte ausgehend von einer Gruppe von mehreren Personen gegen wenige oder auch nur gegen ein Individuum.
- Nicht offene, zielgerichtete Schikanen, die von außen und ohne Erfahrung kaum wahrnehmbar sind.
Besonders das Führungspersonal sollte aufgrund der subtilen Vorgehensweise der Täter* dazu angehalten sein, entsprechende Dynamiken zu erkennen und entgegenzuwirken. Auf welche Anzeichen sollten Vorgesetzte also achten?
Anzeichen für Mobbing am Arbeitsplatz:
- Hohe Fluktuation durch Kündigungen
- Hoher Krankenstand
- Burnout in der Belegschaft
- Dienst nach Vorschrift
- Angst in der Belegschaft
- Kommunikationsmerkmale wie Klatsch und Tratsch.
- Cliquenbildung
Um sich konkret der Frage zu nähern, wie sich am Arbeitsplatz Mobbingverhalten identifizieren lässt, können verschiedene wissenschaftliche Messinstrumente herangezogen werden. Exemplarisch zeigen wir anhand des inventory of psychological terror, entwickelt von dem schwedischen Arbeitspsychologen Heinz Leymann, welche Handlungsmuster auf Mobbingverhalten hindeuten. 5 sogenannte “Angriffsfelder” mit jeweils spezifischen Mobbinghandlungen unterscheidet der Wissenschaftler dabei:
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Angriffe auf die Möglichkeiten sich mitzuteilen
Der Betroffene wird daran gehindert sich zu äußern, indem man ihn beispielsweise nicht ausreden lässt oder sogar anschreit. Durch abwertende Gesten oder Andeutungen wird der Kontakt zu ihm verweigert bis hin zu mündlichen oder schriftlichen Drohungen.
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Angriffe auf die sozialen Beziehungen
Kennzeichnend für diese Form des Mobbings ist die systematische Isolierung des Gemobbten. Mit ihm wird nicht mehr gesprochen, er wird geschnitten und räumlich gemieden.
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Angriffe auf das soziale Ansehen
Abfällige Äußerungen sorgen dafür, dass der Betroffene in seinem Ansehen herabgesetzt wird. Als Angriffspunkte werden z.B. die soziale Herkunft, politische oder religiöse Einstellungen oder das Aussehen herangezogen. Gerüchte werden verbreitet, üble Nachrede bis hin zur Infragestellung der psychischen Gesundheit sind hier an der Tagesordnung.
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Angriffe auf die Qualität der Arbeits- bzw. Berufssituation
Der Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters wird zu seinen Ungunsten verändert. Ihm werden ursprüngliche Aufgabenbereiche entzogen, er wird bewusst über- oder unterfordert bzw. mürbe gemacht, indem man ihm sinnlose Aufträge übergibt.
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Angriffe auf die Gesundheit
Hier geht es tatsächlich auf die physische Gesundheit des Betroffenen. Androhung von physischer Gewalt oder die Übertragung von Arbeitsaufträgen mit hohem Risikopotenzial werden hier mitunter Mittel zum Zweck.
Wissenschaftlich ist Leymanns inventory of psychological terror zwar umstritten, aber ergänzt mit einigen zusätzlichen Parametern durchaus anwendbar. Denn um Mobbing von einem singulären Streit zu unterscheiden, müssen auch Art, Dauer, Intention und Frequenz der Anfeindungen genauer analysiert werden:
Dauer und Frequenz:
Zeitlich gesehen spricht man offiziell von Mobbing, wenn die Attacken mindestens 1x pro Woche und mindestens ein halbes Jahr lang stattfinden.
Intention:
Im Gegensatz zu einem üblichen Konflikt sind bei Mobbing der Streitpunkt und die Ursachen nicht greifbar.
Art:
Die gegnerischen Parteien sind bei Mobbing, anders als bei herkömmlichen Streitigkeiten, nicht zwingend ausmachbar. Dabei halten sich die Beteiligten an keine Regeln, sondern bedienen sich allen Mitteln unabhängig jeder Fairness oder jedes Kompromissgedanken.
Trotz dieser vermeintlich trennscharfen Kriterien bleibt der Übergang zwischen banalen Konflikten und handfestem Mobbing oftmals fließend.
Wichtig ist, Mobbing am Arbeitsplatz kann jeden treffen!
Wenn man erneut die Statistik bemühen will, ergibt eine kurze Recherche im Internet, dass Statista die Zahl der betroffenen Mobbingopfer am Arbeitsplatz mit 15% beziffert. Eine Studie des Büroausstatters Viking in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll geht sogar von 24% der deutschen Arbeitnehmer aus!
Auf die Gesamtpopulation bezogen bedeutet dies, dass also fast jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland Mobbingerfahrungen machen musste!
Wie kann man gegen Mobbing vorgehen?
Gesetzlich hat man sich dem Phänomen des Mobbings dahingehend angepasst, dass man Betroffenen mehr Möglichkeiten bietet, gegen den psychosozialen Terror anzugehen. Berufen kann man sich auf Passagen des Grundgesetzes, Betriebsverfassungsgesetzes, Arbeitsschutzgesetzes oder des AGG.
Allerdings gestaltet sich eine Gegenwehr gegen geschickt agierende Aggressoren dennoch sehr schwer.
Um Mobbing gar nicht erst entstehen zu lassen, ist es daher wichtig, sich für Mobbing begünstigende Faktoren zu sensibilisieren!
Denn Mobbing entsteht nicht von heute auf morgen, sondern als schleichender Prozess.
Die Phasen des Mobbing:
- Stress vergiftet das Arbeitsklima. Beziehungen werden durch Aggressionen belastet. Die beginnende negative Atmosphäre wird durch Ignorieren oder durch halbherzige Schlichtungsversuche begünstigt.
- Negative Prozesse werden auf ein Opfer gebündelt. Dieses wird verunsichert, auch durch die entstehende Eigendynamik, bei der es zunehmend den Kürzeren zieht. Psychosomatische Störungen beginnen.
- Zunahme von Beleidigungen und Anfeindungen. Gesundheitliche Belastungen nehmen weiter zu, das Opfer wird zum definierten Außenseiter.
- Der Gemobbte kann die Situation kaum noch ertragen. Hilfen sowohl von außen als auch von innen greifen kaum noch.
- Im schlimmsten Fall muss das Opfer seinen Arbeitsplatz aufgeben, da es dem Druck nicht mehr standhalten kann.
Was kann man nun aber konkret gegen den sozialen Psychoterror tun?
Maßnahmen von Seiten der Unternehmen gegen Mobbing.
Vorbeugung ist die Schlüsselmaßnahme gegen Mobbing! Die Möglichkeiten sind für Unternehmen vielfältig:
- Aufklärungsoffensiven
- Mitarbeiterbefragungen
- Arbeitskreise/Gesundheitszirkel
- Mobbingbeauftragte
- Regelmäßige Personalentwicklung
- Implementierung einer Kultur des sachlichen Streits mit verbindlichen Spielregeln
- Geführte und gezielte Integration von Neuankömmlingen
Maßnahmen des Betroffenen gegen Mobbing.
Sobald sich bei Ihnen ein Gefühl einstellen sollte, dass der Umgang beim Arbeitsplatz in eine dauerhaft negative Richtung läuft, sollten Sie aktiv werden. Wenden Sie sich an entsprechende Stellen und fordern Sie Hilfe ein!
Hier finden Betroffene Hilfe:
- Mitarbeiter der Personalabteilung
- Betriebs – Personalrat
- Betriebsarzt
- Betrieblicher Sozialdienst
- Organisationen außerhalb des eigenen Arbeitsplatzes
Auch in Eigenregie können Sie mithelfen, die subtilen Angriffe Ihrer Kollegen ans Tageslicht zu fördern, indem Sie ein Mobbingtagebuch führen. Dabei sollten Sie folgende Kategorien aufführen: Datum, Ort, Umstände, Verhalten aller direkt und indirekt Beteiligten, Auswirkungen.
Warten Sie nicht zu lange, bis Sie negativen Entwicklungen am Arbeitsplatz die Stirn bieten. Denn Mobbing hat massive Auswirkungen auf Ihr psychisches und physisches Wohlbefinden!
Im psychischen Bereich haben es viele Betroffene mit Angststörungen, depressiven Verstimmungen, posttraumatischen Belastungsstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken zu tun.
Im körperlichen Bereich treten u.a. Magen-Darm-Krankheiten sowie Herz-Kreislauf-Problematiken oder Kopfschmerzen auf, womit auch eine Zunahme der Arbeitsausfälle einhergeht.
Neben allen Zahlen sollten vor allem diese Gesundheitsschäden den letzten Zweifler davon überzeugen, dass Mobbing ein ernstzunehmendes Problem in unserer Arbeitswelt darstellt, gegen das es entschlossen vorzugehen gilt!
Carolyn Klein – Marketing Associate
*Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Personenbezeichnung in diesem Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.