Diskriminierung kann verschiedene Gesichter annehmen. Ob es um Geschlecht, Behinderung, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung geht: Diskriminierung ist Teil unseres Alltags.

Aus aktuellem Anlass erscheint es uns wichtig, gerade jetzt das Thema der ethnisch motivierten Diskriminierung aufzugreifen und sie in den Kontext des Bewerbungsprozesses zu stellen.

Denn historisch gewachsene ethnische Vorurteile beeinflussen nach wie vor nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Und auch im Berufsleben haben Diskriminierung und Rassismus leider ihren Platz, wie zahlreiche Studien nachweisen können.

Wissenschaftliche Forschung zum Thema: Diskriminierung im Bewerbungsprozess

Viel Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang erhielt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WBZ) aus dem Jahr 2018. Hier verschickten Forscher* fiktive Bewerbungen von allesamt 1992 geborenen deutschen Staatsbürgern, die sich lediglich in ihrem Namen und den Herkunftsländern ihrer Eltern unterschieden.

Die Ergebnisse zusammengefasst:

  • Kandidaten mit ursprünglicher Abstammung aus Afrika oder muslimischen Ländern erfuhren die stärkste Diskriminierung.
  • Bei gleicher Qualifikation bekamen 60% der Bewerber mit deutschem Namen eine positive Rückmeldung. Bei Menschen mit Migrationshintergrund lag die Quote lediglich bei 51%.
  • Bessere Rücklaufquoten als deutschstämmige Bewerber hatten Kandidaten mit spanischen, polnischen, schweizerischen oder japanischen Wurzeln.

Dass der Name über eine Karriere entscheidet, wurde beispielsweise auch in einer Studie des Forschungsbereichs des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration aufgezeigt. Das Ausmaß von Diskriminierung variiert zudem je nach folgenden Faktoren:

  • Unternehmensgröße: Je kleiner das Unternehmen, desto höher die Diskriminierungsrate.
  • Branche: Das Ausmaß der Diskriminierung unterscheidet sich je nach Branche. Angehende Bürokaufmänner hätten es mit türkischem Namen laut Studie leichter einen Ausbildungsplatz zu bekommen als z.B. Kfz-Mechatroniker.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verweist aktuell auf eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). Hier konnte nachgewiesen werden, dass bei Angabe eines türkischen Namens im Lebenslauf die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch um 14 Prozent sinken! In kleineren Unternehmen belief sich dieser Wert sogar auf 24 Prozent!

Sozialpsychologische Erklärungsversuche für Rassismus und Diskriminierung

Vorab ist es wichtig sich selbst einzugestehen, dass jeder Mensch vorurteilsbeladen ist. Das ist eine sozialpsychologische Tatsache, die zunächst einmal nichts mit dem Charakter eines Menschen per se zu tun hat, sondern mit seinem Drang nach Ordnung. Wir sind programmiert unsere Welt zu kategorisieren, um eine gewisse Struktur und Orientierung zu gewinnen.

Rassismus und Diskriminierung können nicht zuletzt dadurch wachsen, dass teilweise dieser Mechanismus geleugnet wird. Wenn wir negieren, dass wir die Welt in ein “wir” und “die anderen” teilen. Wenn wir behaupten, WIR würden so niemals denken.

Schon 1971 konnte der Sozialpsychologe Henri Tajfel mit simplen Experimenten aufzeigen, wie stark wir von dem Mechanismus der sozialen Kategorisierung getrieben sind. Er lies Personen zwischen 2 Kunstbildern wählen und teilte entsprechend der Präferenzen 2 Gruppen ein. Alleine dieses triviale Kriterium, ob man Kandinsky oder Klee bevorzugte, führte zu konkurrierendem und diskriminierendem Verhalten zwischen den verschiedenen Gruppenmitgliedern.

„Groups define who we are, what we see, what we think and what we do.” (Haslam, 2009)

Wir alle sind von diesen Denkmustern betroffen, ob wir das wollen oder nicht. Was können wir aber nun konkret im Kontext Bewerbungsverfahren tun, um diesen und ähnlichen unerwünschten Gedankengängen entgegenzuwirken?

Anonymisierte Bewerbungen als Maßnahme gegen Diskriminierung im Bewerbungsprozess

Die Antidiskriminierungsstelle sieht an dieser Stelle anonymisierte Bewerbungen als erfolgversprechendes Mittel an, bewusste sowie unbewusste Benachteiligung von Personengruppen zu umgehen.

Wie u.a. anhand der oben aufgeführten Studien ersichtlich ist, findet Diskriminierung im Beruf sehr häufig bereits VOR der Einladung zum Vorstellungsgespräch statt.

Um eine Einladung alleine basierend auf den Qualifikationen der Kandidaten aussprechen zu können, ist es daher ratsam, auf folgende persönliche Informationen in Lebensläufen zu verzichten:

  • Alter
  • Name
  • Adresse
  • Geburtsdatum
  • Familienstand
  • Herkunft
  • Foto
  • Jahreszahlen der Ausbildungs- und Arbeitszeiträume

Die mit diesem Verzicht einhergehende Angst der Arbeitgeber beim Gespräch einer völlig unbekannten Person gegenüberzusitzen ist jedoch unbegründet. Denn nachdem die Einladung zum Vorstellungsgespräch ausgesprochen ist, erfährt man in einer zweiten Phase die noch ausstehenden Informationen durch den Erhalt der vollständigen Unterlagen. So kann man sich auf das Gespräch wie gewohnt vorbereiten.

Anonymisierte Bewerbungen im internationalen Vergleich

In Europa sind bereits einige Länder einen ähnlichen Weg gegangen. So hat sich beispielsweise in Schweden gezeigt, dass genanntes Vorgehen zu einer besseren Integrierung von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt führte. Auch in den USA und Kanada sind anonymisierte Bewerbungen längst keine Besonderheit mehr. In Deutschland herrscht diesbezüglich also noch Nachholbedarf!

Sollten Sie sich für dieses Thema interessieren und eine Anonymisierung Ihres Bewerbungsverfahrens in Erwägung ziehen, empfiehlt es sich den Leitfaden der Antidiskriminierungsstelle genauer zu studieren. Hier finden sich u.a. konkrete Hilfestellungen, wie Sie Ihren bisherigen Bewerbungsprozess umstellen können.

Zum Abschluss die grundlegende Erkenntnis der Wissenschaft zum Thema Rassismus, die uns vor Augen führen sollte, wie irreführend und spaltend unser eigenes Denken ist.

 „Rasse gibt es nicht, sagen Genetiker, sie ist eine Erfindung ohne wissenschaftliche Basis.“ (National Geographic, 2018)

Es ist höchste Zeit, dass wir als Gesellschaft zu einer Einheit und zu einem menschlichen Umgang miteinander finden, der entsprechend unserer Gemeinsamkeiten inkludierend und nicht diskriminierend ist!

 

Carolyn Klein – Marketing Associate

 

* Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Personenbezeichnung in diesem Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.