Wir erleben es immer wieder, dass Kandidaten* im weit fortgeschrittenen Recruiting Prozess versuchen, ihren Gehaltswunsch noch nachzuverhandeln. Die Gehaltsverhandlung birgt jedoch ein enormes Risiko.

In diesem Blog schildern wir, was passieren kann und warum Sie dieses Wagnis besser nicht eingehen sollten.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Recruiting Prozess schon recht weit gekommen. Sie haben das erste Interview gut gemeistert, haben Eindruck beim Unternehmen hinterlassen und werden in die finale Runde eingeladen.
Themen wie Berichtslinie, Verantwortungsbereich und auch das Gehalt wurden bereits besprochen. Es ist also alles klar, oder doch nicht?

Wir haben es schon einige Male erlebt, dass Kandidaten in der finalen Interviewphase plötzlich ein viel höheres Gehalt aufrufen und damit, wen wundert es, für maximale Verwirrung beim Unternehmen sorgen.

Kandidaten wollen ihre Gehälter nachjustieren, wieso sind die Unternehmen bei diesem Punkt so “empfindlich“?

Beleuchten wir das Ganze einmal aus der Sicht des Unternehmens. Wenn es in einem Unternehmen Personalbedarf gibt, wird ganz am Anfang, neben vielen weiteren Eckdaten, ein Gehaltsband festgelegt, welches maßgeblichen Einfluss auf die Bewerberauswahl hat. Diese Eckdaten sind wie ein roter Faden, an dem sich die Personalabteilung orientiert, wenn sie die ersten Bewerberprofile sichtet.

Sollten die Gehaltsvorstellungen eines Bewerbers weit über dem Gehaltsband des Unternehmens liegen, scheiden viele Kandidaten in der Regel bereits recht früh im Bewerbungsprozess aus. Das liegt daran, dass Bewerber in den allermeisten Fällen nicht bereit sind, ihr Gehalt nachzuverhandeln. Personalverantwortliche wissen das. Um den Recruiting Prozess so effektiv wie möglich zu gestalten, werden also nur Kandidaten berücksichtigt, deren Vorstellungen auch in das Gehaltsband des Unternehmens passen.

Das Unternehmen lädt also einige passende Kandidaten in die erste Interviewrunde ein. Investiert viel Zeit in der Vorauswahl, die Fachbereiche sind bei den Interviews dabei, was wiederum Zeit und Arbeit für das Unternehmen bedeutet. Das ist normal, eine gute und durchdachte Personalauswahl kostet Zeit und bindet Ressourcen, letztlich zahlt sich dies aber immer aus. Dennoch, um eine gute Auswahl treffen zu können, sind Unternehmen auf fundierte Angaben ihrer Bewerber angewiesen.

Stellen Sie sich also vor, dass das Unternehmen diverse Stunden damit verbracht hat, die richtigen Kandidaten zu identifizieren, die ersten Vorstellungsgespräche zu führen, der Kreis an potenziellen Bewerbern wird immer kleiner. Es geht in die finale Phase des Recruiting Prozesses.

Nun sagt einer der Kandidaten plötzlich und unverhofft, dass er eigentlich 15% mehr verdienen möchte und er nur dann zusagen kann, wenn er das gewünschte Zielgehalt bekommt.

Was denken Sie, geht nun in dem Unternehmen vor? Nicht nur, dass es sich vor den Kopf gestoßen fühlt. Der Kandidat war offenbar nicht ganz ehrlich im bisherigen Prozess. Hinzu kommt, dass das jetzige Wunschgehalt nicht mehr ins Gehaltsband des Unternehmens passt. Das Jobangebot, welches das Unternehmen unter Umständen ausgesprochen hätte, ist also in großer Gefahr. Was aus Unternehmenssicht verständlich ist. Oder würden Sie einem Kandidaten jetzt „einfach so“ Zugeständnisse dieser Größenordnung machen?

Die logische Konsequenz ist der Eindruck, dass man es als Bewerber bisher mit der Ehrlichkeit nicht so genau genommen hat; konsequenterweise lässt das die gesamten Gespräche nun in einem fragwürdigen Licht erscheinen – war der Bewerber/die Bewerberin bei den anderen Angaben ehrlich?

Aber wie kam es überhaupt dazu, dass der Kandidat plötzlich so viel mehr Gehalt haben möchte?

Das kann mehrere Gründe haben, hier einmal die häufigsten:

  • Der Kandidat glaubt, dass er der Beste für diese Rolle ist und ist entsprechend selbstbewusst und sich seiner Sache so sicher, dass er „pokert“
  • Er denkt, dass er der Finalist und sieht sich so in der „besseren“ Verhandlungsposition
  • Er hat sich tatsächlich verkalkuliert und braucht den Gehaltssprung

Was auch immer die Gründe sein mögen, es ist immer sehr gefährlich, das Gehalt nachverhandeln zu wollen. Denn die meisten Unternehmen reagieren häufig recht verstimmt, wenn der monetäre Aspekt in der finalen Phase des Recruiting Prozesses plötzlich andere Gestalt annimmt. Ganz gleich, welcher der Grund für die Nachverhandlung ist, in jedem Fall wird und kann entweder Unehrlichkeit zu einem anderen Zeitpunkt, überzogene Selbstwahrnehmung und -einschätzung, oder im schlimmsten Fall Täuschung zur Steigerung der Jobchance vermutet werden. Häufigste Konsequenz eines solchen Szenarios ist, dass Sie Ihre Chancen auf ein Job-Angebot so verspielen.

Frühzeitig Gedanken machen, welches Gehalt für Sie realistisch ist. Alle wichtigen Faktoren mit einbeziehen, wie z.B.:

  • Neue Aufgaben, mehr Verantwortung?
  • Führungsaufgaben?
  • Längerer Arbeitsweg, höhere Fahrtkosten?
  • Wochenendpendeln und eventuelle Zweitwohnung?

Kalkulieren Sie Ihre Kosten und die daraus resultierende Vorstellung genau, so wissen Sie, welches Gehalt Sie brauchen und können dies im Vorstellungsgespräch auch erörtern, sollte es dazu kommen.

Es ist also am besten, wenn Sie zu jeder Zeit im Recruiting Prozess ehrlich sind und sich ernsthafte Gedanken machen, welches Zielgehalt Sie sich wünschen.

Seien Sie deshalb nicht verwundert, wenn Ihr Personalberater bereits im Erstgespräch zu einer offenen Vakanz Fragen nach Ihrem Gehalt stellt und hier genauer nachhakt. Das Gehalt ist eine entscheidende Größe bei der Personalauswahl und ist Voraussetzung dafür, ob Ihr Personalberater Sie im Recruiting Prozess weiter berücksichtigen kann oder nicht.

Wenn Sie Fragen zum Ablauf eines Recruiting Prozesses haben und mehr über die Vorteile einer Zusammenarbeit mit ageneo erfahren wollen, freuen wir uns sehr über Ihre Kontaktaufnahme.

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Anna Mirabichvili – Marketing and Communications

 

*Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Personenbezeichnung in diesem Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.