Bei all den Problemen, die der Corona-Shutdown mit sich bringt, hören wir in den Medien immer positivere Berichte die Umwelt betreffend. Demnach bewirkt der Stillstand des öffentlichen Lebens Rückgänge der Stickstoffdioxid – Konzentration in der Luft, die Flüsse klaren auf und auch der Himmel erscheint signifikant blauer, als man ihn üblicherweise in den letzten Jahren wahrnahm.

Das Thema Klimawandel, das vor kurzer Zeit noch die Schlagzeilen der Zeitungen beherrschte, rückt angesichts der neuen Herausforderungen durch Covid-19 in den Hintergrund. Wer möchte auch in dieser Extremsituation daran denken, dass der gesteigerte Bedarf an Digitalisierung eine nicht zu unterschätzende Belastung für die Umwelt darstellt? Wir brauchen schließlich Internet, Computer und Co., und das jetzt mehr denn je!

Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass wir nach der Krise wieder dort anfangen können, wo wir aufgehört haben. Es scheint vielmehr, dass diese Zäsur die Dinge verändern und uns zwingen wird, neue Wege zu gehen, umzudenken.
Ein analytischer Blick auf die Umweltverträglichkeit des persönlichen Umgangs mit Internet, Software- oder Hardwareprodukten sollte daher auch derzeit gewagt werden, da die Frage der Nachhaltigkeit auch vor diesen Themen keinen Halt macht.

 

Die Email als Umweltsünde?

Schnell noch eine Email verschicken und dann Feierabend.

Was für uns nur einen schnellen Klick mit der Maus bedeutet, bedeutet für die Umwelt etwa 10 Gramm Kohlenstoffdioxid. Dies entspricht der Klimabilanz einer Plastiktüte! Der weltweite Datenaustausch verlangt es, dass über 45 Milliarden Server täglich mit Energie versorgt und durch Wasser gekühlt werden müssen. Sollen diese Emails dann auch noch in unserem Postfach gespeichert bleiben, müssen die Server unterbrechungslos angetrieben werden, was zudem zur sogenannten „ruhenden Verschmutzung“ führt.

 

Zur Veranschaulichung der Tragweite unserer aktuellen Internetnutzung lassen sich exemplarisch einige interessante Fakten und Zahlen zusammentragen:

  • Die Rechenzentren in Frankfurt verbrauchen mehr Energie als der dort ansässige internationale Flughafen.
  • 20 Google-Suchanfragen verbrauchen genauso viel Energie wie eine Energiesparlampe in einer Stunde.
  • Das Internet ist nach China und Amerika bereits der drittgrößte Stromverbraucher weltweit.
  • Die französische Agentur für Umwelt- und Energiemanagement ADEME  schätzt, dass Unternehmen mit einer Belegschaft von 100 Mitarbeitern alleine aufgrund des Emailverkehrs jährlich etwa 18 Tonnen Treibhausgase ausstoßen, was in etwa 18 Hin- und Rückflügen von Paris nach New York entspricht.

 

Diese Zahlen sind beeindruckend und stimmen einen bezüglich des eigenen Verhaltens im digitalen Raum nachdenklich. Wie kann man „digital entschlacken“, wenn man alleine beruflich gar nicht auf neue Medien verzichten kann?

Doch hier kann schon ein gezielter und bewusster Umgang mit der eigenen Emailkommunikation helfen, den individuellen CO2-Fußabdruck zu verbessern:

  • Verschieben Sie möglichst direkt irrelevante Emails und leeren Sie Ihren Papierkorb in regelmäßigen Zeitabständen.
  • Verwalten Sie Ihre Abonnements und bestellen Sie unwichtig gewordene Newsletter zeitnah ab.
  • Deaktivieren Sie Benachrichtigungen sozialer Netzwerke, die nicht mehr von Interesse sind.
  • Wählen Sie einen kürzeren Speicherzeitraum für das automatische Löschen Ihrer Emails.

 

Wann Software umweltverträglich wird.

Das eigene Postfach unter Kontrolle zu bringen, ist eine verhältnismäßig leicht umsetzbare Maßnahme zur Verbesserung der persönlichen Ökobilanz. Um jedoch größere Wirkung zu erzielen, sollten auch dahingehend Überlegungen angestellt werden, ob die in einem Unternehmen verwendeten Computerprogramme Kriterien erfüllen, die das Prädikat umweltfreundlich verdienen.

Vor der Einführung einer neuen Software sollte daher genau verglichen werden, wie die Programme in Punkto Sparsamkeit und Nachhaltigkeit funktionieren.

So sind zwei unterschiedlich geschriebene Programme, die dem Verbraucher nahezu identische Funktionen anbieten, nicht unbedingt gleichermaßen umweltverträglich. Es kann passieren, dass eine Software beispielsweise unbeabsichtigt verhindert, dass ein Endgerät automatisch in den Energiesparmodus wechselt, bloß weil dies in der Softwareentwicklung nicht berücksichtigt wurde. Hier lohnt sich also eine genauere Analyse auch finanziell!

Immer mehr Unternehmen und Privatpersonen erkennen das Energiesparpotenzial, das in der richtigen Wahl von Software liegt. Um überhaupt eine fundierte und wohlüberlegte Entscheidung in diesem komplexen Bereich treffen zu können, kann u.a. der Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung von Software 2019 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit helfen, wo sich u.a. eine Tabelle mit Auswahlkriterien nach Art des zu beschaffenden Softwareprodukts befindet.

Entscheidend bleibt bei der Frage nach der Energieeffizienz eines Produktes jedoch schlicht der zugrunde liegende Code. Ist dieser schlecht strukturiert oder gar chaotisch, kommt es zwangsläufig zu Einbußen in der Umweltverträglichkeit der Software.

Interessieren Sie sich für die Nachhaltigkeit Ihrer bereits implementierten Programme, empfiehlt es sich, eigenständig nach der Energieeffizienz des jeweiligen Produkts beim Software-Anbieter nachzufragen. Zudem wurden erst im Januar dieses Jahres die Vergabekriterien des Blauen Engels für Ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte veröffentlicht, sodass der Verbraucher in Zukunft auch in diesem Bereich durch das Nachhaltigkeitssiegel auf einen Orientierungspunkt hoffen darf.

Gute Software → Langlebige Hardware

Natürlich hat die Qualität der Software auch einen direkten Einfluss auf die Langlebigkeit der Hardware. Je geringer die Leistungsanforderungen der Programme ausfallen, desto länger kann Hardware genutzt werden, sodass auch hier wertvolle Ressourcen gespart werden können und vermeintlich leistungsschwache Hardware nicht vorschnell auf dem Müll landet. 

Digitale Technologien und Geschäftsmodelle hinterlassen einen beachtlichen ökologischen Fußabdruck – direkt und indirekt. Jede neue digitale Anwendung sorgt für einen Anstieg von Datenmengen, die bewegt und verwaltet werden. (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, 2020)

Auch wenn diese Zusammenhänge vielen bekannt sein dürften, so zeigen die Zahlen, dass es in weiten Teilen unserer Gesellschaft noch an Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Internet und Co. fehlt.
Mit Sicherheit können v.a. in schwierigen Zeiten nicht alle Ruder zeitgleich herum gerissen werden. Aber die Frage nach der Nachhaltigkeit unserer Aktionen wird nicht verschwinden. Der Klimawandel wird unser Leben auch nach Corona vor große Herausforderungen stellen. Daher heißt es auch in Krisenzeiten wachsam zu bleiben und dringliche Themen nicht komplett aus den Augen zu verlieren.

 

Carolyn Klein – Marketing Associate