Das Jahresgespräch steht in Zeiten von agilen Arbeitsprozessen und konstanten Feedbacks zunehmend in der Kritik. Experten* sprechen seit Jahren von einem überholten Konzept, von Gesprächen, die bei Mitarbeitern mehr Frust als Motivation hinterlassen und plädieren für ein radikales Umdenken und eine modernere Praxis, was Feedbackgespräche betrifft.

Nicht wegzudiskutieren sind die Ergebnisse diverser Studien und Umfragen, die in den letzten Jahren zum Thema Jahresgespräch mit Arbeitnehmern durchgeführt wurden.
Beispielsweise halten 35% der Befragten das Jahresgespräch für einen reinen Alibitermin, von dem sie keine relevanten Ergebnisse erwarten.
Außerdem wünschen sich fast 40% der Arbeitnehmer häufigeres Feedback ihrer Vorgesetzten, was ihre Leistungen betrifft.

(Umfrageergebnisse der Outplacement- und Karriereberatung von Rundstedt aus 2017)

 

Das Jahresgespräch im Wandel

In Anbetracht neuer Arbeitswelten und agiler Prozesse, liegt außerdem die Vermutung nahe, dass das Jahresgespräch, mit seinem leicht verstaubten Image, nicht mehr lang überleben kann. Die eigentlich gut gemeinte Idee des Jahresgespräches als konstruktiver Austausch auf Augenhöhe, ist laut einiger Experten, mittlerweile überholt und nicht mehr als eine leere Hülle.

Der Trend geht ganz klar in Richtung des „constant feedbacks“, also des permanenten Austauschs zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Direktes Feedback soll sich immer mehr in den Arbeitsalltag integrieren und sich zum Normalzustand entwickeln.

Wie so oft, wenn grundlegende und erprobte Prozesse, dem Wandel unterliegen, wird es wohl auch bei diesem Thema noch etwas dauern, bis dieser in die Unternehmen vorgedrungen ist. Freilich, wird in vielen Unternehmen bereits an neuen Konzepten zum Austausch gearbeitet, dennoch sieht die gelebte Praxis meist noch ganz anders aus. Denn nach wie vor finden in vielen Unternehmen immer noch die klassischen Mitarbeitergespräche statt. Seien es Quartalsgespräche (die sind in vielen Unternehmen aber schon Seltenheit!) oder eben das „gute alte“ Jahresgespräch.

Was per se nichts Schlechtes oder Negatives ist. Ganz und gar nicht. Austausch auf Augenhöhe, besonders zwischen Mitarbeitern und Führenden ist extrem wichtig. Studien belegen, dass Mitarbeiter, denen die Möglichkeit des Feedbacks geboten wird (Quartals- oder Jahresgespräche), statistisch länger in ihrem Unternehmen bleiben.

Ein Grund mehr, die Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen und sich entsprechend auf das Jahresgespräch vorzubereiten. Wir zeigen Ihnen, was wichtig ist und was Sie beachten sollten.

 

Das Jahresgespräch nutzen

Vielen Mitarbeitern graust es vor Gesprächen dieser Art.

Folgend zeigen wir Ihnen, wie Sie sich gut auf Ihr Jahresgespräch vorbereiten können und so mit einem guten Gefühl in dieses wichtige Gespräch gehen können.
Tipp: Sie können unsere Tipps auch für andere Mitarbeitergespräche nutzen, zum Beispiel für Quartals- oder Halbjahresgespräche.

 

So können Sie sich vorbereiten

Fokus auf die relevanten Themen: Im Jahresgespräch geht es ausschließlich um das vergangene Jahr und um die Zielvereinbarung für das neue Jahr.
Oft werden jedoch diverse Themen in Jahresgesprächen vermischt und sorgen leider dafür, dass das Ziel eines konstruktiven Gespräches über Leistungen und Ziele, schnell aus dem Fokus verschwinden kann.
Themen wie zum Beispiel die Urlaubsplanung für das nächste Jahr, haben deshalb an dieser Stelle nichts zu suhe bewauchen. Wenn Sie hierüber sprechen möchten, vereinbaren Sie mit Ihrem Vorgesetzten einen gesonderten Termin, in dem diese Themen zur Sprache kommen.
Fokussieren Sie sich also auf die wichtigen Themen und überlegen sich, was Ihnen für das kommende Jahr wichtig ist. Gab es beispielsweise Veränderungen, über die Sie sprechen möchten? Gibt es eine Weiterbildung, die Sie gern machen möchten?

Das Gespräch strukturieren: Es passiert immer wieder, dass Jahresgespräche keiner klaren Gesprächsstruktur folgen und beide Seiten so unter Umständen von den wichtigen Themen abschweifen.
Es kann daher hilfreich sein, gewisse Punkte vorzubereiten, besonders dann, wenn es Ihrem Vorgesetzten nicht gelingt, das Gespräch strukturiert voranzubringen.

 

Sie können folgende Themen vorab aufbereiten:

– Welche Ziele wurden beim letzten Jahresgespräch vereinbart?

– Wurden Sie erreicht?

– Wenn ja, was lief besonders erfolgreich?

– Wenn nein, woran lag es?

– Welche positiven und auch negativen Veränderungen gab es?

– Welchen Mehrwert haben Sie für das Unternehmen geschaffen?

– Wie beurteilen Sie sich selbst?

– Was wollen Sie im nächsten Jahr erreichen?

– Möchten Sie sich weiterentwickeln, z.B. in Form von Weiterbildungsmaßnahmen?

 

Die drei Phasen des Jahresgespräch

 

  1. Analyse und Feedback

    – derzeitiger Aufgabenkatalog
    – Erfolge aus dem laufenden Jahr
    – Zielerreichung
    – Lob und Kritik

  2. Aufgabenplanung und Zielvereinbarung

    – Planung der Aufgaben für das nächste Jahr
    – Formulierung der neuen Ziele
    – Anpassungen aufgrund von Veränderungen

  3. Berufliche Perspektiven und Weiterentwicklung

    – Berufliche Perspektiven (z.B. Beförderung)
    – Entwicklungsmöglichkeiten
    – Weiter- und Fortbildungen
    – persönliche Wünsche

 

Ruhe bewahren:

Für manche Arbeitnehmer sind Gespräche dieser Art mit gewisser Nervosität verbunden. Immerhin spricht man nicht täglich mit seinem Vorgesetzten über die eigene Leistung. Auch weiß man nicht, was in so einem Gespräch auf einen zukommt.

Die beste Taktik ist jedoch ruhig zu bleiben. Sie haben sich vorbereitet; Sie wissen, was gut und was eher nicht so gut gelaufen ist. Also sollte es keine „Überraschungen“ geben.

 

 

Positive innere Gesprächshaltung:

Wenn Sie es schaffen, sich nicht von Ihrer Nervosität lenken zu lassen, haben Sie schon viel geschafft. Wenn Sie nun auch noch eine positive Haltung zu diesem Gespräch einnehmen und die Chancen sehen können, die sich für Sie ergeben können, kann das Gespräch eigentlich nur gut werden.

Kritik:

Jeder weiß, dass nicht jedes Projekt immer wunderbar funktioniert, auch wenn man es sich fest vornimmt und sich anstrengt. So kann es passieren, dass es vom Vorgesetzten eine negative Beurteilung gibt. Dieser können Sie konstruktiv begegnen und anhand von Beispielen erklären, warum Sie das vorgegebene Ziel nicht erreicht haben.

Tipp: Versuchen Sie nicht sich herauszureden oder einem Kollegen die Schuld zu geben. Das kommt gar nicht gut an und kann unreif und nicht sehr souverän wirken. Seien Sie ehrlich, gestehen Sie Fehler ein und erklären Sie sich sachlich. Idealerweise haben Sie auch Vorschläge, wie Sie es beim nächsten Mal besser machen können. Zum Beispiel durch Unterstützung im Team oder mehr Zeit/Kosten für das Projekt.

Feedback an den Vorgesetzten

Auch Sie haben die Möglichkeit Ihrem Vorgesetzten konstruktives Feedback zu geben. Das Jahresgespräch bietet sich hier an.

Überlegen Sie sich, wie Ihr Vorgesetzter Sie bei Ihrer Zielerreichung unterstützen kann. Nennen Sie dazu Beispiele aus dem letzten Jahr.
Jetzt haben Sie auch die Chance Änderungs- oder Verbesserungsvorschläge zu machen. Überlegen Sie, was in der Zusammenarbeit mit Ihrem Vorgesetzten verbessert werden kann und wer von Ihnen beiden was dazu beitragen kann. Konkrete Maßnahmen sind hier besonders hilfreich.

Protokoll:

Prüfen Sie am besten zum Ende des Gesprächs, ob alle Themen angesprochen wurden, die Ihnen wichtig sind und ob Sie alle Fragen stellen konnten. Jetzt können Sie noch die Gelegenheit nutzen und die offenen Punkte besprechen. Dies ist insofern wichtig, weil alle Vereinbarungen in einem Protokoll festgehalten werden, welches zum Beispiel maßgeblich für die Zielvereinbarung sein kann.

Tipp: Das Gespräch ist vorbei und Sie stellen fest, dass Sie einen wichtigen Punkt vergessen haben vorzubringen. Sie haben in diesem Fall die Möglichkeit, um ein kurzes Nachgespräch zu bitten. Wichtig hier: Ihr Anliegen sollte wirklich wichtig sein.

 

Welche Themen gehören nicht ins Jahresgespräch?

Ein Jahresgespräch dient dem Feedback und der Beurteilung Ihrer Leistung. Einige Experten sind der Meinung, dass hier nicht der richtige Zeitpunkt ist, um beispielsweise eine Gehaltserhöhung oder mehr Urlaubstage zu verhandeln.
Wählen Sie für diese Themen lieber einen gesonderten Termin.

Wir wissen aber auch, dass in vielen Jahresgesprächen auch über Zielvereinbarungen und Boni gesprochen wird. Wenn dies in Ihrem Unternehmen gängige Praxis ist, dann bleiben Sie selbstverständlich dabei.

 

Mehr zum Thema Karriere und Bewerbung finden Sie in unserem Blog, klicken Sie hier.

 

Anna Mirabichvili – Marketing and Communications

 

*Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Personenbezeichnung in diesem Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.